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Erbschaftsteuer: Übertragung der Nachbarwohnung kann steuerfrei sein

Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an die Kinder ist von der Erbschaftsteuer befreit. Das gilt auch für eine hinzuerworbene Doppelhaushälfte oder Nachbarwohnung, die mit der bereits genutzten eigenen Wohnung verbunden wird. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist allerdings, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und der Erbe die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzt. Die Vergünstigung greift, soweit die Wohnfläche der geerbten Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Im Übrigen ist eine weitere wichtige Voraussetzung zu beachten: Die hinzuerworbene Wohnung muss unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt sein (BFH-Urteil vom 6.5.2021, II R 46/19).

„Unverzüglich“ bedeutet im Grundsatz, dass der Erbe bereits kurz nach dem Erbfall in das Familienheim einziehen muss, wenn er nicht bereits darin wohnt. Üblicherweise gilt hier eine Frist von maximal sechs Monaten. So hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass Kinder eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie nur dann steuerfrei erben können, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen. Doch diese Regel gilt nicht uneingeschränkt. Auch ein späterer Einzug kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims führen, etwa im Fall einer dringend notwendigen Renovierung (BFH-Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16). Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Es obliegt ihm, die Renovierungsarbeiten und die Beseitigung etwaiger Mängel zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen kommt, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen sind. Ein unverhältnismäßiger Aufwand zur zeitlichen Beschleunigung ist jedoch nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, wenn der Erwerber alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift.

Praxistipp:
Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die beauftragten Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, z.B. wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen können – so der BFH in dem o.g. Urteil vom 6.5.2021. Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der erworbenen Wohnung. Verzögert sich der Einzug hingegen deshalb, weil zunächst ein gravierender Mangel beseitigt werden muss, ist eine spätere Entrümpelung der Wohnung unschädlich, wenn sie nicht ihrerseits zu einem verzögerten Einzug führt.