Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nur mit der Entfernungspauschale abziehbar, während Dienstreisen mit 30 Cent je gefahrenen Kilometer oder mit den tatsächlichen Kosten abziehbar sind. Von daher ist es von Vorteil, wenn Fahrten als Dienstreisen und nicht als Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte gewertet werden. Das Finanzgericht Münster hat nun entschieden, dass bei einem Beamten, der im Wege einer mehrfach verlängerten Versetzung über mehrere Jahre an einer Ausbildungsstätte eingesetzt wird, die Ausbildungsstätte keine erste Tätigkeitsstätte darstellt (FG Münster, Urteil vom 2.9. 2024, 15 K 698/22 E).
Der Fall: Eheleute sind beide als Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Beide wurden im Jahr 2012 bzw. 2013 von ihrem jeweiligen Dienstort als Lehrpersonen an eine Ausbildungsstätte versetzt. Die jeweilige Stelle war für die Dauer von vier Jahren zu besetzen mit der Möglichkeit zu einer einmaligen Verlängerung um maximal zwei Jahre. Vor Ablauf der vier Jahre verlängerte der Dienstherr den Verwendungszeitraum um weitere zwei Jahre und sodann vor Ablauf dieser zwei Jahre mehrmals um weitere zwei Jahre. Im Anschluss sollte eine Versetzung aus dienstlichen Gründen an eine zu nennende „Wunschbehörde“ erfolgen. In ihrer Einkommensteuererklärung 2020 machten die Eheleute die Fahrten zur Ausbildungsstätte als Reisekosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber nur die Entfernungspauschale, da die Eheleute jeweils einer ersten Tätigkeitsstätte – der Ausbildungsstätte – zugeordnet seien. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Die angefallenen Fahrten seien nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen, da es sich nicht um Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gehandelt habe. Begründung: Die erste Tätigkeitsstätte werde vorrangig durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien. Entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer aus der vorausschauenden Sicht („ex-ante-Sicht“) nach den arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden solle. Im Streitfall seien die Kläger der Ausbildungsstätte nicht dauerhaft zugeordnet gewesen. Eine entsprechende dauerhafte dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung habe nicht vorgelegen. Die Kläger seien zwar im Wege der Versetzung der Ausbildungsstätte zugeordnet worden. Und nach der beamtenrechtlichen Konzeption soll der Einzelne grundsätzlich entweder im Rahmen einer kurzfristigen, vorübergehenden Abordnung eingesetzt werden oder durch eine dauerhafte Versetzung Rechtssicherheit für den Beamten geschaffen werden. Diese Trennung zwischen den beamtenrechtlichen Rechtsinstituten werde in der Praxis jedoch nicht immer eingehalten, so dass es – wie im Streitfall – de facto auch zu zeitlich befristeten Versetzungen komme. Sofern der Bedienstete von vornherein nur zeitlich begrenzt versetzt werde, schlage die beamtenrechtliche Konzeption nicht auf die steuerrechtliche Beurteilung durch.
Im Urteilsfall sollten die Kläger nach den Vorstellungen des Dienstherrn zunächst jeweils nur vorübergehend für den Zeitraum von vier Jahren – und damit nur für einen Zeitraum von 48 Monaten und nicht von mehr als 48 Monaten – ihren Dienst an der Ausbildungsstätte verrichten. Dies folgt aus den Stellenausschreibungen und einem Erlass des Dienstherrn, dem zu entnehmen ist, dass die Dozenten in der praktischen Aus- und Fortbildung stets rotieren sollen, um die Praxisnähe nicht zu verlieren. Die nachfolgenden mehrfachen Verlängerungen der „Verwendungszeiträume“ beider Kläger durch den Dienstherrn um jeweils zwei Jahre ändern nichts daran, dass es keine dauerhaften Festlegungen bezüglich der Tätigkeitsstätte durch den Dienstherrn gab (Quelle: FG Münster, Newsletter Oktober 2024).