Begibt sich ein Kind für einen Schulbesuch oder für ein Studium längere Zeit ins Ausland, entfällt der Kindergeldanspruch der Eltern grundsätzlich nicht. Sofern das Kind aber eine Schule oder eine andere Ausbildungseinrichtung außerhalb des EU- und EWR-Raums besucht, bleibt der Anspruch auf Kindergeld nur erhalten, wenn es seinen Inlandswohnsitz beibehält. Der Bundesfinanzhof hat seine diesbezügliche Rechtsprechung noch einmal bestätigt und wie folgt entschieden: Hält sich ein zunächst im Inland wohnhaftes minderjähriges Kind zu Ausbildungszwecken für mehr als ein Jahr außerhalb des Gebietes der EU und des EWR auf, behält es seinen Inlandswohnsitz in der Wohnung eines oder beider Elternteile nur dann bei, wenn ihm in dieser Wohnung zum dauerhaften Wohnen geeignete Räume zur Verfügung stehen, es diese objektiv jederzeit nutzen kann und tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch nutzt. Eine Beibehaltung des Inlandswohnsitzes kommt dabei im Regelfall nur dann in Betracht, wenn das Kind diese Wohnung zumindest zum überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeiten, also den Schul – oder Semesterferien, tatsächlich nutzt (BFH-Urteil vom 28.4.2022, III R 12/20).
Im Urteilsfall lebte ein Kind länger als ein Jahr in einem Drittland bei den Großeltern, um dort in der Schule die arabische Sprache zu lernen. Der BFH hat nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun einige Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes nachholen.
Praxistipp:
Für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes im Hause der Eltern bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten reichen nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche regelmäßig nicht aus. Fehlende finanzielle Mittel für Heimreisen des Kindes können zudem nicht die fehlenden wesentlichen Inlandsaufenthalte in den ausbildungsfreien Zeiten kompensieren (BFH-Urteil vom 25.9.2014, III R 10/14). Eltern und Kinder sollten im Übrigen Beweisvorsorge treffen und zum Beispiel Flugtickets aufbewahren, die belegen, dass sich das Kind tatsächlich längere Zeit im Inland aufgehalten hat. Der guten Ordnung halber sei darauf hingewiesen, dass es beim Kindergeld Besonderheiten im Zusammenhang mit den Ländern gibt, mit denen ein Abkommen über Soziale Sicherheit besteht (z.B. der Türkei).