Bereits mit Urteil vom 1.6.2016 (X R 17/15) hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens (nach § 65a SGB V) nicht die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge mindern. Die Finanzverwaltung wendet das BFH-Urteil zwar an, legt es aber eng aus. So sollen pauschale Bonuszahlungen weiterhin den Sonderausgabenabzug mindern. Nur wenn die Versicherungen ihre Erstattungen aufgrund eines konkreten Kostennachweises vornehmen, soll eine Kürzung unterbleiben (BMF-Schreiben vom 6.12.2016, BStBl 2016 I Seite 1426).
Doch der BFH hat seine Rechtsprechung soeben „weiterentwickelt“ und die einengende Haltung der Finanzverwaltung zurückgewiesen. Nach seinem Urteil vom 6.5.2020 (X R 16/18) gilt vielmehr: Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.
Der Sachverhalt: Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte von seiner Krankenkasse für „gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 Euro erhalten, u.a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts. Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.
Der BFH nimmt in seiner aktuellen Entscheidung eine differenzierte Betrachtung vor: Danach mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (beispielsweise gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.