Wer Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren erleidet, darf diese mit entsprechenden Gewinnen verrechnen. Allerdings gab es lange Jahre Streit hinsichtlich der Frage, ob Verluste auch dann verrechnet werden dürfen, wenn die Wertpapiere nicht verkauft, sondern aufgrund Wertlosigkeit aus dem Depot ausgebucht wurden. Der Kern des Streits lag darin begründet, dass das Einkommensteuergesetz nur von der „Veräußerung“ der Wertpapiere spricht, nicht aber von der reinen „Wertloswerdung“ oder „Ausbuchung“. Zwischenzeitlich ist der Streit zugunsten der Anleger beendet worden und die Verluste sind zumindest dem Grunde nach abziehbar. Allerdings ist rund um das Thema „Verluste aus Kapitalanlagen“ immer noch Vieles ungeklärt. So musste sich der Bundesfinanzhof nun mit der Frage befassen, wann ein „endgültiger Ausfall einer Darlehensforderung“ vorliegt und ein Verlustabzug bzw. eine Verrechnung mit anderen Einnahmen bei den Kapitaleinkünften ermöglicht wird (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 28/18).
Danach gilt: Der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Von einem endgültigen Ausfall ist jedenfalls dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO angezeigt hat.
Ein steuerlich abzugsfähiger Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt grundsätzlich erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Ausnahmsweise kann der Verlust allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder wenn aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlustes nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist. Im Streitfall handelte es sich bei der ausgefallenen Darlehensforderung nicht um eine sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 InsO, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO noch Aussicht auf Befriedigung nach Maßgabe des sich aus § 209 Abs. 1 InsO ergebenden Rangverhältnisses hatte.
Praxistipp:
Für Verluste, die seit dem 1.1.2020 entstehen, gibt es eine Begrenzung: Solche Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.