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Ambulante Pflege: Kostenübernahme durch Sohn oder Tochter begünstigt

Für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen können Steuerbürger die Ermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen. Für die Beauftragung eines Pflegedienstes dürfen 20 Prozent der Kosten, höchstens 4.000 Euro, direkt von der Steuer abgezogen werden. Doch zuweilen werden die Kosten nicht von den Betreuten selbst, sondern von einem Angehörigen, etwa Sohn oder Tochter, übernommen. Dann stellt sich die Frage, ob dem Angehörigen die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zusteht.

Im Jahre 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuermäßigung gemäß § 35a EStG nur für Aufwendungen gewährt wird, die einem Steuerbürger für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege entstehen. Hingegen ist der Steuervorteil ausgeschlossen für Aufwendungen, die er für eine andere Person übernimmt, das heißt wenn Kinder die Kosten für ihre Eltern übernehmen (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 19/17). Nunmehr liegt aber ein aktuelles Urteil des BFH vor, in dem dieser zwischen der Kostenübernahme bei stationärer Pflege und bei ambulanter Pflege differenziert (BFH-Urteil vom 12.4.2022, VI R 2/20).

Stationäre Unterbringung/Pflege: Hier bleibt es dabei, dass nur derjenige die Steuerermäßigung beanspruchen kann, dem die Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung/Pflege entstanden sind. Wenn Sohn oder Tochter für die Betreuungsleistungen zahlen, können sie folglich keine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienste beanspruchen. Maßgebend ist § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG.

Ambulante Pflege/Betreuung: Aufwendungen, die einem Dritten, zum Beispiel Sohn oder Tochter, für die ambulante Pflege und Betreuung einer anderen Person, also eines Elternteils erwachsen, sind hingegen begünstigt, und zwar nach § 35a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG. Folglich können Kinder die Kosten für eine ambulante Pflege ihrer Eltern abziehen, wenn sie die Kosten getragen haben. Dies gilt auch, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.

In dem BFH-Urteil vom 12.4.2022 ging es um folgenden Sachverhalt: Die Mutter der Klägerin wohnt in einem eigenen Haushalt, knapp 100 km vom Wohnort der Tochter entfernt. Sie bedurfte Hilfe für Einkäufe und Wohnungsreinigung. Mit einer Sozialstation wurde eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen abgeschlossen. Die Mutter ist als Leistungsnehmerin aufgeführt, der Vertrag ist jedoch von der Tochter unterschrieben worden. Die Rechnungen wiesen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus und wurden der Tochter übersandt, die sie jeweils per Banküberweisung beglich. Mit ihrer Einkommensteuererklärung machte die Tochter den Gesamtbetrag ihrer Aufwendungen für die Mutter in Höhe von 1.071 Euro geltend. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug nach § 35a EStG ab, doch der BFH sieht die Sache – wie erwähnt – anders.

Praxistipp:
Das Verfahren ist allerdings noch nicht beendet. Zwar hat die Tochter die von der Sozialstation zugunsten ihrer Mutter erbrachten und dieser in Rechnung gestellten Leistungen beglichen. Für den BFH war jedoch nicht ersichtlich, ob die Tochter hiermit eigene Aufwendungen oder den Aufwand ihrer Mutter getragen hat. Die Steuerermäßigung kann nur im ersten Fall, also bei eigenem Aufwand aufgrund eines eigenen Schuldverhältnisses, gewährt werden. Im zweiten Fall würde so genannter Drittaufwand vorliegen, der steuerlich nicht berücksichtigt wird. Ausweislich des Pflegevertrags waren sowohl die Tochter als auch ihre Mutter als Leistungsnehmerinnen bezeichnet. Das bedeutet: Wenn die Tochter den Pflegevertrag in eigenem Namen, wenn auch zugunsten ihrer Mutter abgeschlossen hat, wären ihre Kosten abzugsfähig. Wenn sie aber die Mutter nur bei deren eigenem Vertragsabschluss vertreten hat, würde eine Abzug der Kosten ausscheiden. Die Vorinstanz muss nun entsprechende Feststellungen nachholen.