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Betriebsaufgabe und -verkauf: Zum Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit

Wer seinen Betrieb veräußert oder aufgibt, muss einen eventuellen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn versteuern. Wenn der Betriebsinhaber das 55. Lebensjahr vollendet oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, kommt allerdings ein Freibetrag von bis zu 45.000 Euro in Betracht. Dieser wird abgeschmolzen, wenn bzw. soweit der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt (§ 16 Abs. 4 EStG). Für den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn kommt zudem die Begünstigung des § 34 Abs. 3 EStG in Betracht, also ein ermäßigter Steuersatz. Doch auch hier ist die Vollendung des 55. Lebensjahres oder eine dauernde Berufsunfähigkeit Voraussetzung.

Zum Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit wird in den Einkommensteuer-Richtlinien verfügt: Es reicht die Vorlage eines Bescheides des Rentenversicherungsträgers aus, wonach die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt. Der Nachweis kann auch durch eine amtsärztliche Bescheinigung oder durch die Leistungspflicht einer privaten Versicherungsgesellschaft, wenn deren Versicherungsbedingungen an einen Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent oder an eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als sechs Stunden täglich anknüpfen, erbracht werden (R 16 Abs. 14 EStR). Der Bundesfinanzhof hat allerdings entschieden, dass die dauernde Berufsunfähigkeit auch auf anderen Wegen nachgewiesen werden kann (BFH-Urteil vom 14.12.2022, X R 10/21).

Im Urteilsfall meldete die Klägerin, eine Friseurmeisterin, ihren Betrieb aus gesundheitlichen Gründen ab und ermittelte einen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn. Hierfür beantragte sie den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG. Die Deutsche Rentenversicherung hatte zwar die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt, doch bereits zuvor hatte ein Gutachter festgestellt, dass die Klägerin „bis auf Weiteres in ihrem bisherigen Beruf als Friseurmeisterin nur in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden tätig sein könne.“ Nach Ansicht des Finanzamts fehlte es dennoch am Nachweis der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Der Freibetrag sei daher nicht zu gewähren. Doch der BFH führt aus: Für die Feststellung der dauernden Berufsunfähigkeit i.S. des § 16 Abs. 4 EStG gelten die allgemeinen Beweisregeln. Daher darf das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch nichtamtliche Unterlagen, zum Beispiel Gutachten und andere Äußerungen von Fachärzten und sonstigen Medizinern, heranziehen. Weder der Wortlaut des § 240 Abs. 2 SGB VI noch der des § 16 Abs. 4 EStG verlangen einen bestimmten formalen Nachweis für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit. Die verminderte Erwerbsfähigkeit muss aber mehr als sechs Monate andauern. Im Urteilsfall muss die Vorinstanz nun Feststellungen zur dauernden Berufsunfähigkeit nachholen.

Praxistipp:
Das oben Gesagte gilt nur für die Frage, ob ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und eventuell der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG in Betracht kommen. Für die Frage des Abzugs von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen oder für die Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrages gelten strengere Nachweispflichten (§§ 64, 65 EStDV).