Bei einer Betriebsveräußerung wird neben einem festen Kaufpreis oftmals auch ein gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisbestandteil vereinbart. Der Kaufpreis kann sich im Nachhinein also erhöhen oder vermindern, wenn bestimmte Ziele nach Betriebsübergang erreicht – oder unterschritten – werden. In steuerlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob eine nachträgliche Kaufpreiszahlung auf das Jahr des Betriebsübergangs zurückwirkt und dementsprechend auch in diesem Jahr zu versteuern ist oder ob sie erst in dem Jahr erfasst wird, in dem sie tatsächlich geleistet wird.
Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich entschieden, dass gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern sind. Sie erhöhen den im Jahr der Veräußerung entstandenen Veräußerungsgewinn nicht. Dies gilt auch für so genannte Earn-out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreisbestandteile sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist (BFH-Urteil vom 9.11.2023, IV R 9/21).
Im Urteilsfall wurde ein KG-Anteil veräußert und dabei neben einem festen Kaufpreis ein variables Entgelt vereinbart. Grundlage der Ermittlung des variablen Entgelts war die in den drei folgenden Geschäftsjahren erzielte Rohmarge. Das heißt: Die Berechnungsparameter waren insoweit vertraglich fixiert, die Höhe der zu leistenden variablen Kaufpreisbestandteile hing aber von den in den betreffenden Jahren erzielten Rohmargen ab. Der Betriebsprüfer des Finanzamts war der Auffassung, dass die später aufgrund dieser Vereinbarung geleisteten Zahlungen rückwirkend im Jahr der Veräußerung zu berücksichtigen seien. Doch der Verkäufer konnte sich sowohl beim Finanzgericht als auch beim BFH durchsetzen. Die Zahlungen waren erst bei Zufluss zu versteuern.
Begründung: Der Veräußerungsgewinn entsteht grundsätzlich im Veräußerungszeitpunkt, das heißt mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen, und zwar unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Eine Ausnahme gilt aber bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen. In diesen Fällen ist auf die Realisation des Veräußerungsentgelts abzustellen, da der Veräußerer die Gewinne erst im Zuflusszeitpunkt erzielt. Eine stichtagsbezogene Betrachtung (Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt) wird nicht angestellt. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche (§ 158 Abs. 1 BGB) handelt, bei denen im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob rechtlich in einem der Folgejahre eine Kaufpreisforderung entsteht, noch, wie hoch diese sein wird.
Praxistipp:
Das Urteil war zwar für den Kläger vorteilhaft, in vielen anderen Fällen ist es jedoch nachteilig. Denn die Berücksichtigung als nachträgliche Betriebseinnahmen führt dazu, dass die Tarifermäßigung gemäß § 34 EStG für die Earn-out-Zahlungen nicht beansprucht werden kann. Diese unterliegen also dem regulären Steuersatz. Von der Gewerbesteuer bleibt eine nachträgliche Kaufpreiszahlung allerdings grundsätzlich verschont. Im Übrigen wird nicht jede nachträgliche Veränderung des Kaufpreises erst bei Zufluss erfasst – zumindest ist die Rechtslage in bestimmten Fällen noch offen. Im Urteilsfall waren die Kaufpreisforderungen in hohem Maße ungewiss. Wenngleich die Berechnungsparameter vertraglich fixiert waren, hingen die zu leistenden variablen Kaufpreisbestandteile von der Höhe der in den betreffenden Jahren erzielten Rohmargen ab. Folgenden Fall hat der BFH dagegen ausdrücklich offengelassen: Es wird festgelegt, dass ein betragsmäßig exakt bestimmter Teil des Kaufpreises nachträglich fällig wird, wenn ein ebenfalls genau festgelegtes Gewinn- oder Umsatzziel erreicht wird.