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Bilanzierung: Passive Rechnungsabgrenzung bei zeitraumbezogenen Leistungen

Für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, ist ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu bilden. Mit der Frage, wann das Tatbestandsmerkmal „bestimmte Zeit“ für die Bildung eines passiven RAP erfüllt ist, musste sich nun der Bundesfinanzhof befassen. Sein Urteil lautet: Eine Schätzung der „bestimmten Zeit“ als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung von erhaltenen Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf „allgemeingültigen Maßstäben“ beruht. Daran fehlt es, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte. Eine Passivierung erhaltener Zahlungen für eine noch ausstehende zeitraumbezogene Leistung ist nicht als erhaltene Anzahlung, sondern nur unter den Voraussetzungen der passiven Rechnungsabgrenzung möglich (BFH-Urteil vom 26.7.2023, IV R 22/20).

Der Sachverhalt: Die Klägerin ist Projektentwicklerin für Immobilien. Für ihre Leistungen erhält sie als Regiekosten bzw. Regieerlöse bezeichnete Honorare. Die Regiekosten sind verteilt auf die voraussichtliche Laufzeit des jeweiligen Projekts in regelmäßigen Raten zu zahlen. Dies führte dazu, dass zum Teil Honorare vor der Leistungserbringung vereinnahmt wurden. Die Klägerin bildete in ihrer Gewinnermittlung einen passiven RAP. In einer Leistungsermittlung bestimmte sie dazu für jedes Projekt, für das sie in dem Streitjahr Regieerlöse erzielte, den Beginn, die Laufzeit und das Ende jeder Phase und verteilte die Projekterlöse auf die jeweilige Phase ihres Berechnungsschemas. Letztlich waren dies aber nur Schätzungen. Das Finanzamt beanstandete daher den gebildeten passiven RAP. Es fehle der erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den in den Projektverträgen zugrunde gelegten Zahlungsplänen und den durch die Klägerin zu erbringenden Leistungen. Statt des passiven RAP bildete das Finanzamt eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (aufgrund eines Erfüllungsrückstandes), allerdings nur in Höhe von etwa 50 Prozent des beantragten RAP. Die hiergegen gerichtete Klage und auch die Revision beim BFH blieben erfolglos, das heißt, die Bildung des RAP wurde versagt und die Höhe der Rückstellung nicht beanstandet.

Die Begründung: Die Verträge für die Projekte würden zwar einen zeitlich genau bestimmten Vertragsbeginn vorsehen, nicht aber ein zeitlich genau bestimmtes Ende. Als Zeitmaßstab könne nur eine Größe anerkannt werden, die – wie etwa ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeitraum – nicht von vornherein Zweifel über Beginn und Ende des Zeitraums aufkommen lässt. Individuelle Schätzungen der Dauer der Gegenleistung seien nicht ausreichend, wohl aber eine Schätzung aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe. Eigene langjährige Erfahrungen seien aber keine solche allgemeingültigen Maßstäbe. Die Verträge enthielten ferner keine Festlegung zu Phasen und auf diese entfallende Prozentsätze des Wertes der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen. Sie würden auch weder erkennen lassen, in welchen Zeitabschnitten die von der Klägerin übernommenen Leistungen zu erbringen sind, noch, welche Vergütungsanteile darauf entfallen.

Praxistipp:
Unschädlich ist es, wenn eine Gegenleistung zunächst in hinreichender Bestimmtheit – etwa für einen kalendermäßigen Zeitraum – geschuldet wird, die Dauer der Leistungserbringung dann aber tatsächlich länger oder kürzer ausfällt als ursprünglich bestimmt.

Prinzipiell käme es zwar in Betracht, erhaltene Honorare als Anzahlungen zu passivieren. Doch dazu wiederum sei erforderlich, dass es sich um eine zeitpunktbezogene und nicht um ein zeitraumbezogene Leistung handele – so der BFH. Daran fehlte es im Streitfall. Zu prüfen war letztlich, ob eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen eines Erfüllungsrückstandes gebildet werden konnte. Diese kam zwar in Betracht, doch nur in Höhe der Schätzung des Finanzamts, die das Finanzgericht nicht beanstandet hat. Der BFH sah sich insoweit an die Tatsachenfeststellung gebunden.

Praxistipp:
Um eine Rückstellung in voller Höhe zu rechtfertigen, muss der Steuerpflichtige detailliert darlegen, in welchem Umfang er sich zum Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrückstand befunden hat. Im Streitfall hätte es dazu näherer Angaben und Unterlagen bedurft, etwa Kostenträger- und Kostenstellenrechnungen, Kosten- und Budgetplanungen, Nachweise über die Gewichtung der Anteile der einzelnen Phasen und sonstige zweckdienliche Aufzeichnungen.