Eheleute, die sich getrennt haben, können im Trennungsjahr statt der Einzelveranlagung noch die Zusammenveranlagung wählen. Zumeist ist die Zusammenveranlagung – insgesamt betrachtet – steuerlich günstiger als die Einzelveranlagung, denn es wird der so genannte Splittingtarif gewährt. Sind die Ex-Partner zerstritten, ist es zuweilen allerdings schwierig, von beiden Eheleuten die Zustimmung zur Zusammenveranlagung zu erhalten. Wer die Zustimmung willkürlich verweigert, sollte aber bedenken, dass er sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig macht. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten grundsätzlich die Verpflichtung ergibt, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Es besteht daher für beide Ehegatten jeweils die Verpflichtung, in eine Zusammenveranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten verringert, der in Anspruch genommene aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Eine hiernach begründete familienrechtliche Verpflichtung, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, bleibt auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen (BGH-Urteil vom 13.10.1976, IV ZR 104/74; BGH-Urteil vom 12.6.2002, XII ZR 288/00).
Aktuell hat das Oberlandesgericht Bamberg entschieden, dass die Pflicht der Zustimmung zur Zusammenveranlagung aber wirksam abbedungen werden kann. Das heißt: Wenn einer der beiden Ex-Partner ausdrücklich zu erkennen gibt, dass er keine Zusammenveranlagung wünscht, im Nachhinein aber erkennt, dass er insoweit einen steuerlichen Fehler begangen hat, kann er den anderen Ehegatten später nicht mehr verpflichten, der Zusammenveranlagung doch zuzustimmen (OLG Bamberg, Beschluss vom 10.1.2023, 2 UF 212/22). Der Sachverhalt: Die Eheleute leben seit Anfang 2019 getrennt. Nachdem sie durch das Finanzamt zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für mehrere Jahre aufgefordert worden waren, wandte sich die Ehefrau zur Unterstützung an einen Lohnsteuerhilfeverein. Sie wies ihren Ehegatten darauf hin, dass eine gemeinsame steuerliche Veranlagung gegenüber einer Einzelveranlagung wirtschaftlich vorteilhaft wäre. Doch im Rahmen von WhatsApp-Nachrichten gab der Ehemann zu erkennen, dass er keine Zusammenveranlagung wünschte. Im Anschluss forderte er die eigenen Steuerunterlagen vom Lohnsteuerhilfeverein zurück. Im Folgenden reichte daraufhin die Ehefrau ihre Steuererklärungen ein und erhielt hohe Steuererstattungen. Gegenüber dem Ehemann ergingen im Rahmen der Einzelveranlagung Steuerbescheide mit Nachzahlungen. Daraufhin wollte er seine Ehefrau doch noch nachträglich zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung verpflichten, scheiterte mit seinem Anliegen aber vor Gericht. Begründung: Trotz der erhaltenen Informationen über die wirtschaftlich für ihn nachteilige Einzelveranlagung habe zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber bestanden, dass keine Zusammenveranlagung erfolgen sollte, sondern die Steuererklärungen getrennt im Sinne einer Einzelveranlagung abzugeben waren.