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Erbschaft und Schenkung von Immobilien: Anforderungen an den Gutachter

Wer eine Immobilie per Erbschaft oder Schenkung erhält, muss hierfür – entsprechend des Werts der Übertragung – Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen, sofern nicht ausnahmsweise eine sachliche Steuerbefreiung zum Zuge kommt oder die persönlichen Freibeträge ausreichend hoch sind. Zur Ermittlung des Werts einer Immobilie, welcher der Besteuerung zugrunde gelegt wird, sind gesetzlich bestimmte – typisierte – Verfahren vorgesehen. Doch zuweilen ergeben sich dabei Werte, die weit oberhalb des Verkehrswerts liegen. Dann muss der niedrigere Wert mittels Gutachten nachgewiesen werden, es sei denn, der Wert kann sich aus einer zeitnahen Veräußerung heraus bestimmen lassen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs kann ein Gutachten gerichtlich nur akzeptiert werden, wenn dieses entweder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt worden ist (BFH-Urteil vom 5.12.2019, II R 9/18). Dem BFH sei zwar klar, dass auch ein Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einwandfrei sein kann. Dennoch kommt er zu dem Ergebnis, dass die Eigenschaft „öffentliche Bestellung und Vereidigung eines Gutachters“ eine zulässige Typisierung eines Gutachtens ist.

In den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.12.2020 (BStBl 2021 I S. 146) wird jedoch verfügt, dass das BFH-Urteil vom 5.12.2019 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist. Die Finanzverwaltung halte weiterhin an ihrer Auffassung fest, dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt, erbringen kann. Dies seien Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind.

Praxistipp:
Auch wenn die Finanzverwaltung weniger streng ist als der BFH, so stellt sich natürlich die Frage, was geschieht, wenn ein Fall doch vor das Finanzgericht geht. Es steht zu befürchten, dass die Richter dann – entsprechend der Vorgabe des obersten Steuergerichts – ein Gutachten zurückweisen, dass nicht von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt worden ist.