Ein Arbeitnehmer darf Fahrten zu seiner ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Das sind 30 Cent je Entfernungskilometer und 38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer. Dienstreisen hingegen sind mit 30 Cent pro gefahrenem Kilometer oder mit den tatsächlichen Kosten abziehbar. Besonderheiten gelten für den Fall, dass ein Arbeitnehmer in einem „weiträumigen Tätigkeitsgebiet“ arbeitet und nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt. Dann sind die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang des Tätigkeitsgebiets zwar ebenfalls nur mit der Entfernungspauschale abziehbar, die Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebiets hingegen dürfen mit den Dienstreisesätzen geltend gemacht werden.
Im Jahre 2021 hatte das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass ein Hafenarbeiter, im Urteilsfall¬ des Hamburger Hafens, insgesamt in einem solch weiträumigen Tätigkeitsgebiet arbeitet. Dies gilt auch dann, wenn er von seinem Arbeitgeber im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Einzelbetrieben auf dem Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt wird. Folglich wurden die Fahrten zu dem nächstgelegenen Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt (Urteil vom 3.2.2021, 4 K 11006/17). Doch kürzlich hat der Bundesfinanzhof dieses Urteil verworfen und entschieden, dass aufgrund der Zuordnung zu bestimmten Einsatzorten innerhalb des Hamburger Hafens kein „Arbeiten in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet“ vorlag. Da der Kläger auch nicht über eine „erste Tätigkeitsstätte“ verfügte, wurden die Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe zum Abzug zugelassen (BFH-Urteil vom 15.2.2023, VI R 4/21).
Der Kläger war als Hafenarbeiter beschäftigt. Gegenüber seinem Arbeitgeber erklärte er seine unwiderrufliche Zustimmung, auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden und sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen. Im Streitjahr wurde er von seinem Arbeitgeber an 164 Arbeitstagen an vier verschiedenen Orten, das heißt bei den jeweiligen Kunden seines Arbeitgebers, innerhalb des Gebiets des Hamburger Hafens eingesetzt. Die Einsatzstellen wurden ihm von seinem Arbeitgeber arbeitstäglich morgens telefonisch zugewiesen. Die Fahrten von seiner Wohnung zu den jeweiligen Einsatzstellen legte der Kläger mit seinem eigenen Pkw zurück. Nach Auffassung des BFH darf der Kläger seine Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe absetzen, und zwar sowohl für die Fahrten bis zum Hafeneingang als auch für die Fahrten bis zum jeweiligen Einsatzort.
Praxistipp:
Das Gebiet des Hamburger Hafens gilt aufgrund seiner Größe grundsätzlich schon als weiträumiges Tätigkeitsgebiet. Zahlreiche Hafenarbeiter werden daher durchaus unter die eingangs erwähnte Regelung fallen und können ihre Fahrtkosten bis zum Eingangstor nur mit der Entfernungspauschale geltend machen. Im Urteilsfall war aber die Besonderheit, dass eine Zuordnung zu mehreren Einsatzorten erfolgte, was die Annahme eines weiträumigen Tätigkeitsgebiets ausschloss. Gleichzeitig war aber auch keine erste Tätigkeitsstätte vorhanden.