Kurz vor Weihnachten hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt, mit dem zahlreiche steuerliche Neuerungen und Änderungen einhergehen. Die wichtigsten Punkte stellen wir Ihnen nachfolgend kurz vor:
Kosten des häuslichen Arbeitszimmers
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind auch ab 2023 als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Die Kosten werden dann in voller Höhe oder pauschal mit 1.260 Euro anerkannt.
Falls der Mittelpunkt nicht im Arbeitszimmer liegt, dieses aber dennoch benötigt wird, weil im Betrieb oder der Behörde dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind die Kosten mit einer Tagespauschale von 6 Euro pro Tag, maximal 1.260 Euro abzugsfähig. Es gelten dann die neuen Regelungen zur Homeoffice-Pauschale (siehe nachfolgend).
Homeoffice-Pauschale
In den Jahren 2020 bis 2022 können Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten geltend machen (so genannte Homeoffice- oder Homework-Pauschale). Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar. Ab dem 1.1.2023 wird die Homeoffice-Pauschale entfristet und auch etwas anders gestaltet:
· Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1.260 Euro im Jahr, abgezogen werden.
· Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird, das heißt, in diesen Fällen kann sowohl die Entfernungspauschale als auch die Tagespauschale von 6 Euro abgezogen werden.
· Soweit Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht werden, ist ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale nicht zulässig. Gleiches gilt, soweit Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden.
Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen
Betreiber von Photovoltaikanlagen erzielen mit ihrer Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihren Gewinn oder Verlust aus Gewerbebetrieb müssen sie daher grundsätzlich mittels Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Alles in allem ist der Betrieb einer PV-Anlage mit einem gewissen steuerlichen Aufwand verbunden, zumal neben der Einkommensteuer auch die Umsatzsteuer und mitunter sogar die Gewerbesteuer zu beachten sind. Bereits jetzt gibt es eine Vereinfachungsregelung für Betreiber kleiner PV-Anlagen bis 10 kWp: Sie können einen „Antrag auf Liebhaberei“ stellen und sind damit von der Einkommensteuer befreit. Es wird unterstellt, dass die Anlage ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.
Rückwirkend ab dem 1.1.2022 – nicht wie geplant erst ab dem 1.1.2023 – werden bei der Einkommensteuer PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderen Nebengebäuden) bis zu
30 kWp gesetzlich steuerfrei gestellt. Auf einen „Liebhaberei-Antrag“ kommt es nicht mehr an. Auch für PV-Anlagen, die auf nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) installiert sind, gilt die Grenze von 30 kWp. Bei Anlagen auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Häusern liegt die Grenze bei 15 kWp pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Auch PV-Anlagen auf überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden bis zu 15 kWp je Wohn-/Geschäftseinheit sind begünstigt. Pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft werden insgesamt höchstens 100 kWp steuerfrei gestellt.
Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage für Einnahmen und Entnahmen, die ab dem 1.1.2022 erzielt werden.
Absetzung für Abnutzung (AfA)
Bisher werden Gebäude, die Wohnzwecken dienen und nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, linear mit
2 Prozent abgeschrieben; bei Fertigstellung vor dem 1.1.1925 sind es 2,5 Prozent. Die lineare AfA für Wohngebäude, die ab dem 1.1.2023 fertiggestellt werden, wird von 2 Prozent auf 3 Prozent angehoben. Damit werden Gebäude zukünftig grundsätzlich über einen Zeitraum von 33 Jahren abgeschrieben.
Praxistipp:
Weiterhin kann eine kürzere Nutzungsdauer mithilfe eines Gutachtens nachgewiesen werden. Im Regierungsentwurf war vorgesehen, diese Ausnahmeregelung zu streichen. Doch sie bleibt erhalten.
Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG soll Anreize für den Bau von Mietwohnungen setzen. Diese Sonderabschreibung wird nun verlängert bzw. neu aufgelegt, aber auch modifiziert. Das heißt: Es können Sonderabschreibungen für Wohnungen in Anspruch genommen werden, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.1.2027 gestellt wird und die bestimmte Effizienzvorgaben einhalten. Auch müssen eine neue Baukostenobergrenze (4.800 Euro je qm Wohnfläche) und die maximal förderfähige Bemessungsgrundlage (2.500 Euro je qm Wohnfläche) beachtet werden.
Praxistipp:
In der Gesetzesbegründung wird bereits darauf hingewiesen, dass angesichts der dynamischen und nur schwer zu prognostizierenden Entwicklung der Baukosten zukünftig Änderungsbedarf bei den Kostenbezugsgrößen entstehen kann.
Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages
Von den Einkünften aus Kapitalvermögen bleibt ein Betrag in Höhe des Sparer-Pauschbetrages steuerfrei. Ab 2023 wird der Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro auf 1.000 Euro angehoben, bei Verheirateten von 1.602 Euro auf 2.000 Euro.
Praxistipp:
Bereits erteilte Freistellungsauträge werden automatisch um 24,844 Prozent erhöht. Ist in dem Freistellungsauftrag der gesamte Sparer-Pauschbetrag angegeben, sind 1.000 Euro bzw. 2.000 Euro zu berücksichtigen.
Voller Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen bereits ab 2023
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind zusammen mit anderen Beiträgen zur Basisversorgung, etwa Beiträgen zu berufsständischen Versorgungswerken und zu Rürup-Rentenversicherungen, bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben absetzbar. Die Altersvorsorgebeiträge wirken sich allerdings nur mit einem gewissen Prozentsatz, der Jahr für Jahr steigt, steuermindernd aus. Bereits ab 2023 – und nicht erst ab 2025 – sind Altersvorsorgeaufwendungen zu 100 Prozent als Sonderausgaben absetzbar.
Steuerfreiheit für den Grundrentenzuschlag
Rückwirkend ab dem Jahr 2021 wird der Betrag der Rente, der aufgrund des Grundrentenzuschlags geleistet wird, steuerfrei gestellt. Dadurch kann der Grundrentenzuschlag steuerlich unbelastet in voller Höhe zur Verfügung stehen und so ungeschmälert zur Sicherung des Lebensunterhaltes beitragen.
Erhöhung des Ausbildungsfreibetrages
Eltern haben für Kinder in Schul- und Berufsausbildung, für die sie Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhalten, Anspruch auf einen Ausbildungsfreibetrag von 924 Euro für „Sonderbedarf“, wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und außerhalb des elterlichen Haushalts untergebracht ist. Ab 2023 wird der Ausbildungsfreibetrag von
924 Euro auf 1.200 Euro erhöht.
Umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen
Ab dem 1.1.2023 ist auf die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb (innerhalb der EU) sowie die Installation von Photovoltaikanlagen einschließlich der Stromspeicher bezüglich der Umsatzsteuer ein Nullsteuersatz anzuwenden. Das heißt, diese Leistungen sind von der Umsatzsteuer gänzlich befreit.
Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes ist, dass die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Aus Vereinfachungsgründen gelten die Voraussetzungen als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt.
Pauschalversteuerung
Der Arbeitgeber kann bei Arbeitnehmern, die nur kurzfristig beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent des Arbeitslohns erheben (Pauschalversteuerungsoption). Voraussetzung für das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung ist unter anderem, dass der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 120 Euro durchschnittlich je Arbeitstag nicht übersteigt. Die Arbeitslohngrenze orientierte sich bisher an der Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, lag aber stets über diesem. Durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn wurde der Mindestlohn mit Wirkung zum 1.10.2022 auf 12 Euro je Stunde angehoben. Bei einem Achtstundentag beläuft sich der Mindestlohn danach auf 96 Euro täglich. Als Folgeänderung hierzu wird mit Wirkung zum 1.1.2023 die Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung von 120 auf 150 Euro je Arbeitstag angehoben. Zudem steigt die Stundenlohngrenze von 15 Euro auf 19 Euro.
Weitere Änderungen
Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, alle Neuregelungen vorzustellen. Auf folgende Punkte soll aber noch hingewiesen werden:
· Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird ab Januar 2023 um 252 Euro angehoben.
· Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird auf 1.230 Euro angehoben.
· Es wurden Regelungen zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher geschaffen.
· Steuerpflichtig wird auch die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe). Tatsächlich besteuert wird die Dezemberhilfe aber nur bei Bürgern, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen. Es gilt insoweit eine recht komplizierte – und umstrittene – Regelung zur Besteuerung.
· Öffentliche Leistungen: Es wurde eine gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen, um öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer künftig auf direktem Wege auszahlen zu können (§ 139b AO). Bislang konnten öffentliche Leistungen nur auf „Umwegen“, etwa unter Einschaltung der Arbeitgeber, ausgezahlt werden. Dies war zum Beispiel bei der Energiepreispauschale an Arbeitnehmer der Fall.
· Bewertung: Die Faktoren für die Ermittlung der pauschalierten Grundstückswerte sind angepasst worden. Diese Werte dienen insbesondere der Wertermittlung von Immobilien für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke. Wir hatten bereits darüber berichtet, dass die – recht technisch klingende – Gesetzesänderung dazu führen kann, dass sich die Grundstückswerte und damit die Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Immobilienübertragungen erheblich erhöhen können. Hinweis: Die bayerische Landesregierung hatte sich für eine Erhöhung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge stark gemacht, ist mit ihrem Antrag aber im Bundesrat gescheitert. Es bleibt abzuwarten, ob eine Erhöhung eventuell in einem späteren Gesetzgebungsverfahrens aufgegriffen wird.
· Umsatzsteuer: Zahlungsdienstleister sind ab 2024 verpflichtet, über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu informieren. So soll der Umsatzsteuerbetrug, insbesondere im Bereich des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs, besser bekämpft werden. Die Meldungen werden in ein zentrales elektronisches Zahlungsinformationssystem (CESOP) eingepflegt, das von der EU-Kommission entwickelt und technisch verwaltet wird.
· Die allgemeinen Vorsteuer-Durchschnittssätze für bestimmte Berufs- und Gewerbezweige entfallen ab 2023.
· Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand in § 2b UStG wurde bereits vor Jahren neu gefasst, doch hinsichtlich der erstmaligen Anwendung gab es eine längere Übergangsfrist. Diese sollte eigentlich zum 31.12.2020 auslaufen. Mit dem ersten Corona-Hilfegesetz ist sie jedoch um zwei Jahre bis zum 31.12.2022 verlängert worden, sollte aber endgültig am 31.12.2022 auslaufen. Mit § 27 Abs. 22a UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2022 wird die Übergangsfrist erneut um zwei Jahre verlängert.