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Rentenbesteuerung: Bundesfinanzhof nimmt Gesetzgeber in die Pflicht

Bis 2004 unterlagen Renten nur mit einem geringen Anteil, dem so genannten Ertragsanteil, der Einkommensteuer. Dadurch zahlten viele Rentner keine Einkommensteuer. Pensionäre mussten ihre Altersbezüge hingegen voll versteuern. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierin eine nicht zu tolerierende Ungleichbehandlung gesehen und der Gesetzgeber musste reagieren. Seit dem 1. Januar 2005 werden Renten nach und nach höher besteuert, während im Gegenzug die Altersvorsorgeaufwendungen, also die Rentenbeiträge, ebenfalls nach und nach höher steuerlich abgezogen werden dürfen. Erst im Jahre 2040 ist diese Übergangsregelung abgeschlossen, das heißt, Rentner, die ab 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, müssen ihre gesamte Rente versteuern.

Die langjährige Überleitung hin zu einer vollen Besteuerung führt aufgrund ihrer Pauschalität mitunter zu ungerechten Ergebnissen. Viele Rentner sind der Ansicht, dass ihre Renten, die sie mehr oder weniger hoch versteuern müssen, zu einem großen Teil aus bereits versteuertem Einkommen stammen. Dadurch würde es zumindest teilweise zu einer Doppelbesteuerung kommen. Insgesamt ist das Verfahren der Überleitung zur vollen Besteuerung aber weder vom Bundesfinanzhof noch vom Bundesverfassungsgericht beanstandet worden. Allerdings könne es im Einzelfall durchaus Fälle einer unzulässigen Doppelbesteuerung geben – so der BFH mit Urteil vom 21.6.2016 (X R 44/14). Eine solche doppelte Besteuerung ist gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse geringer ist als die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen.

Nun hatten erneut zwei Rentner vor dem obersten deutschen Steuergericht geklagt. Beide Male ging es um Freiberufler, die hohe Beiträge für ihre Altersvorsorge geleistet hatten, die sie früher nur eingeschränkt als Sonderausgaben abziehen durften. Ihre Renten hingegen – es ging um die die Rentnerjahrgänge 2007 und 2009 – wurden mit Besteuerungsanteilen von 54 bzw. 58 Prozent dem Einkommen hinzugerechnet und entsprechend versteuert. Die Rentner sahen hierin einen unzulässig hohen Zugriff des Fiskus und verlangten eine Ermäßigung ihrer Einkommensteuer auf die Rente.

Doch die Klagen und auch die Revisionen vor dem BFH blieben erfolglos (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung fest, nach der die gesetzlichen Übergangsregelungen im Grundsatz verfassungskonform sind. Zwar könne es im konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen. Diese habe aber in den beiden Urteilsfällen (noch) nicht vorgelegen. Eine doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge. Angesichts der noch recht hohen Rentenfreibeträge der betroffenen Jahrgänge habe sich in den jeweiligen Fällen folglich keine doppelte Besteuerung ergeben.

Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, die Ausführungen der Urteile im Einzelnen darzulegen, da sie doch sehr umfassend und detailliert sind. Wir möchten aber darauf aufmerksam machen, dass es durchaus Fälle der teilweisen Doppelbesteuerung von Renten geben kann. Betroffen sein könnten zum Beispiel Freiberufler, die über mehrere Jahre freiwillig hohe Beiträge (oberhalb des jeweiligen Höchstsatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung) in ihr Versorgungswerk einbezahlt haben, ohne von der so genannten Öffnungsklausel profitiert zu haben. Die Öffnungsklausel erlaubt es unter bestimmten Voraussetzungen, die Rente zu einem gewissen Betrag nur mit dem
– niedrigeren – Ertragsanteil zu besteuern. Tendenziell sind im Übrigen Männer – aufgrund ihrer statistisch niedrigeren Lebenserwartung – eher von einer Doppelbesteuerung betroffen als Frauen. Und auch bei Personen, bei denen eine Versorgung von Hinterbliebenen nicht zu erwarten ist, zumeist also bei Ledigen, kann sich eine Doppelbesteuerung tendenziell eher ergeben als bei Verheirateten.

Doch bei aller Pauschalierung: Letztlich bleibt Rentnern, die eine mögliche Doppelbesteuerung prüfen möchten, nichts anderes übrig, als diese im Einzelfall zu berechnen. Vor allem aber – und das ist besonders misslich – hat der BFH erneut darauf hingewiesen, dass die Beweislast für eine eventuelle Doppelbesteuerung bei den Steuerbürgern liegt. Dazu müssen nach Möglichkeit alle Steuerbescheide der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte, Rentenverläufe und detaillierte Berechnungen vorgelegt werden – die Hürden sind also enorm hoch.

Aber auch wenn den Klägern der Erfolg verwehrt blieb: Sie haben zumindest einen Sieg für künftige Rentnerjahrgänge errungen. So hat der BFH darauf hingewiesen, dass sich eine Doppelbesteuerung für spätere Rentnerjahrgänge abzeichnet, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird. Denn auch diese Rentnerjahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass der Gesetzgeber alsbald handeln wird.