Abmahnungen sind im Geschäftsleben nicht gerade selten und oft Gegenstand erbitterter Streitigkeiten. Doch neben der rein zivilrechtlichen Problematik ist auch zu klären, ob und inwieweit die Zahlungen im Zusammenhang mit den Abmahnungen der Umsatzsteuer unterliegen. Diesbezüglich hat das Bundesfinanzministerium nun verfügt, dass Abmahnungen steuerlich aufzuspalten sind, und zwar einerseits in den Teil, der den echten Schadensersatz betrifft und andererseits in den Teil für den Aufwendungsersatz, also für den Ersatz der so genannten Rechtsverfolgungskosten (Anwaltshonorare, Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers usw.). Soweit der Abgemahnte reinen Schadensersatz leistet, ist der Betrag nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen; er ist von vornherein nicht umsatzsteuerbar. Der Teil, der für den Aufwendungsersatz geleistet wird, unterliegt allerdings dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Der Abmahnende muss diesen Betrag in der Rechnung ausweisen und der Abgemahnte muss ihn zahlen. Sollte keine Aufschlüsselung erfolgen, ist der Pauschalbetrag insgesamt als Aufwendungsersatz und damit als Entgelt zu behandeln. Aber Vorsicht: Erfolgt die Zusendung einer Abmahnung an einen potenziellen Rechtsverletzer unberechtigterweise und erteilt der Abmahnende hierüber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, liegt ein unzulässiger Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 2 UStG vor. Der Abmahnende schuldet bis zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens den ausgewiesenen Steuerbetrag.
Praxistipp:
Das BMF erlässt eine großzügige Übergangsregelung: Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1.11.2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend, das heißt auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht steuerpflichtigen Entgelt ausgehen (BMF-Schreiben vom 1.10.2021, III C 2 – S 7100/19/10001 :006).
Hintergrund für das BMF-Schreiben sind zwei Urteile des Bundesfinanzhofs: Mit Urteil vom 13.2.2019 (XI R 1/17) hat der BFH entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind. In einem früheren Urteil vom 21.12.2016 (XI R 27/14) hat der BFH zudem entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet würden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt zu werten sind. Auch hier liege ein Leistungsaustausch vor. Ein nicht steuerbarer Schadensersatz sei abzulehnen. Die Leistung des Abmahnenden bestehe unter anderem darin, dass der Abgemahnte mit der Abmahnung die Gelegenheit erhält, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen. Dem Rechtsverletzer werde die Möglichkeit gegeben, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Er könne also einen langwierigen und teuren Prozess vermeiden.
Praxistipp:
Auch zivilrechtlich war die Thematik durchaus umstritten. Der Bundesgerichtshof hat in einem so genannten Hinweisbeschluss vom 21.1.2021 (I ZR 87/20) aber entschieden, dass der Schädiger sehr wohl die Umsatzsteuer an den Rechteinhaber erstatten muss.