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Umsatzsteuer: Kantinenpächter erbringt Leistungen zum vollen Steuersatz

Ein Unternehmer, der in einer Betriebskantine Speisen portioniert, auf Mehrweggeschirr mit Mehrwegbesteck ausgibt sowie das Geschirr und Besteck nach dessen Rückgabe reinigt, erbringt eine sonstige Leistung, die vor dem 1. Juli 2020 dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterlag. So lautet das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2021 (XI R 2/21). Die Vorinstanz hatte den Sachverhalt noch anders beurteilt und den ermäßigten Steuersatz zugelassen (Sächsisches FG, Urteil vom 16.12.2020, 2 K 1072/19).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger betreibt eine Betriebskantine bei der X-GmbH. Nach dem Bewirtschaftungsvertrag war er in den Streitjahren 2011 bis 2016 verpflichtet, Speisen anzubieten. Es handelte sich sowohl um typische Tellergerichte als auch um kleinere Imbisse. Der Kläger gab die Speisen auf Mehrweggeschirr mit Besteck aus und nahm nach der Rückgabe die Reinigung vor. Die Gäste verzehrten die Speisen in einem Aufenthaltsraum, der den Mitarbeitern aller Schichten rund um die Uhr zur Verfügung stand. Der Kläger erklärte Umsätze sowohl zum ermäßigten als auch zum Regelsteuersatz. Das Finanzamt ging indes davon aus, dass die vom Kläger abgegebenen Speisen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent und nicht dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zu unterwerfen seien. Der BFH stützt die Auffassung der Finanzverwaltung.

Die Begründung lautet unter anderem: Die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten führt zu einem Restaurantumsatz, der dem Steuersatz von 19 Prozent unterliegt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar einen gewissen personellen Einsatz erfordert, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen. Auch bei einem Partyservice reicht schon die Bereitstellung und Rücknahme von Geschirr und Besteck sowie dessen Reinigung aus, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen, weil auch hier die Leistungen einen gewissen personellen Einsatz verlangen. Dies gilt aus Gründen der Wahrung des Grundsatzes der Neutralität ebenso für den Betreiber einer Betriebskantine, zumal dieser üblicherweise mit der Sauberhaltung des Raumes einschließlich der sich dort befindlichen Möbel sogar umfassendere unterstützende Leistungen als ein Partyservice erbringt. Ob die Ausgabe, Rücknahme und Reinigung des Geschirrs und Bestecks rund um den Verzehr von Speisen in einem Aufenthaltsbereich erfolgt, der einem Betrieb zuzurechnen ist, führt insoweit zu keinem abweichenden Ergebnis.

Praxistipp:
Für die Abgabe von Speisen gilt in der Gastronomie seit dem 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2022 der ermäßigte Steuersatz. Die Abgabe von Getränken unterliegt weiterhin dem vollen Steuersatz. Insofern hat die Rechtsprechung derzeit zunächst nur für Altfälle Bedeutung.