Tel. +49 (0)8924207080

Fax. +49 (0)8924207022

Am Schützeneck 7

DE 81241 München

Mo - Do 08:00 - 18:00

Freitags 08:00 - 15:00

und nach Vereinbarung

thumbnail

Verbilligte Vermietung: Welcher Maßstab gilt bei Prüfung der 66-Prozent-Grenze?

Immobilienbesitzer, die eine Wohnung verbilligt vermieten, dürfen ihre Werbungskosten nur dann vollständig geltend machen, wenn die Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Gerade bei der Vermietung an nahe Angehörige sollte daher strikt darauf geachtet werden, diese Grenze nicht zu unterschreiten, da die Kosten sonst nur anteilig abgezogen werden dürfen (§ 21 Abs. 2 EStG).

Die ortsübliche Miete lässt sich grundsätzlich dem örtlichen Mietspiegel entnehmen. Was aber gilt, wenn es eine vergleichbare Wohnung im selben Haus gibt, die fremdvermietet ist und deren Miethöhe vom örtlichen Mietspiegel abweicht? Ist dann für die Prüfung der 66-Prozent-Grenze auf diese Vergleichsmiete abzustellen oder trotzdem auf den Mietspiegel?

Jüngst hat das Thüringer Finanzgericht entschieden, dass für den Vergleich mit der ortsüblichen Marktmiete auf die Miete abzustellen ist, die der Vermieter von einem fremden Vermieter verlangt, der im selben Haus eine vergleichbare Wohnung nutzt. Es besteht kein Vorrang des örtlichen Mietspiegels. Wird die Miete der anderen Wohnung als Referenzmiete genommen, gilt dies sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Vermieters (Urteil vom 22.10.2019, 3 K 316/19).

Der Fall: Eine Steuerzahlerin vermietete eine 57 qm große Eigentumswohnung mit Einbauküche im ersten Obergeschoss an ihre Tochter zu einem Mietpreis von monatlich 300 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 70 EUR. Sie vermietete eine ebenfalls 57 qm große, mit einer Einbauküche ausgestattete Wohnung im zweiten Obergeschoss desselben Gebäudes an einen Fremdmieter für einen Mietzins in Höhe von monatlich 500 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 78 EUR. Das Finanzamt berücksichtigte die Werbungskosten in Höhe von insgesamt 3.553 EUR nur mit einem Anteil von 64,01 %, also in Höhe von insgesamt 2.276 EUR. Denn die zwischen der Mutter und ihrer Tochter vereinbarte Miete von 370 EUR für 57 qm betrage nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete von 578 EUR/Monat. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog das Finanzamt die Miete für die vergleichbare, im selben Haus liegende, fremdvermietete Wohnung heran. Einspruch und Klage blieben erfolglos, obwohl die verbilligte Miete – laut Berechnung der Klägerin – weit über 80 % der Marktmiete lag, wenn der örtliche Mietspiegel herangezogen worden wäre.

Die Begründung des Gerichts: Die maßgebende ortsübliche Miete kann grundsätzlich auf jedem Wege ermittelt werden. Der örtliche Mietspiegel kann zwar im Regelfall Grundlage und Anhaltspunkt für eine Schätzung sein. Insbesondere gehört ein Mietspiegel zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete ermöglichen. Eine strikte Bindung daran besteht indes nicht. Als Maßstab für eine sachgerechte Schätzung der Ortsüblichkeit der Marktmiete im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG können vielmehr auch Vergleichsmieten herangezogen werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.10.2018, IX R 30/17). Deutlicher ausgedrückt: Eine Schätzung unter Heranziehung der Vergleichsmiete für eine im selben Haus belegene fremdvermietete Wohnung gleicher Größe und gleicher Ausstattung (mit Einbauküche) ist sachgerechter als eine Schätzung mit Hilfe des Mietspiegels, die ggf. erst durch pauschale Zu- bzw. Abschläge an die konkreten örtlichen Gegebenheiten angepasst werden müsste.

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. X R 7/20 vor. Dem BFH soll Gelegenheit gegeben werden, Stellung dazu zu nehmen, ob für die Ermittlung der Marktmiete allein ein vorhandener Mietspiegel vorrangig maßgebend sein soll und ob etwa eine Vergleichsmiete nur herangezogen werden darf, wenn kein Mietspiegel vorhanden ist.