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Vermögensverwaltende GbR: Gewerbliche Abfärbung selbst bei Verlusten

Eine rein vermögensverwaltende GbR erzielt keine gewerblichen Einkünfte, sondern üblicherweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Es ist aber eine Steuerfalle zu beachten, die unter den Namen „Abfärberegelung“ und „Infektionstheorie“ bekannt ist. Wenn die Gesellschaft auch einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht, werden ihre gesamten Einkünfte zu gewerblichen Einkünften – sie werden „infiziert“. Zudem wird ihr Vermögen zu Betriebsvermögen und ist dann steuerverhaftet, das heißt, dass ein Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie auch jenseits der zehnjährigen Spekulationsfrist zu versteuern ist. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 30.6.2022 (IV R 42/19) entschieden, dass die gewerbliche Infizierung oder Abfärbung selbst dann eintritt, wenn eine GbR neben der reinen Vermietungstätigkeit nur eine Photovoltaikanlage betreibt, aus der sie Verluste erwirtschaftet.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine vermögensverwaltende GbR, auf einem von ihr vermieteten Grundstück eine PV-Anlage errichten lassen, aus deren Betrieb sie zunächst Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte sie Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der PV-Anlage. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Denn sie habe mit dem Betrieb der PV-Anlage eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit abgefärbt habe. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Zwar gibt es ein älteres Urteil aus dem Jahr 2018, wonach Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR führen (BFH-Urteil vom 12.04.2018, IV R 5/15). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber aber rückwirkend außer Kraft gesetzt. Nach dieser Neuregelung tritt die umqualifizierende („abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (hier: aus dem Betrieb der PV-Anlage) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Der BFH erachtet diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß. Immerhin: Es gibt eine Bagatellgrenze. Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 Prozent der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Das gilt nach Ansicht des BFH auch dann, wenn die Personengesellschaft neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Im Streitfall war diese Bagatellgrenze allerdings überschritten.

Praxistipp:
Sofern der Betrieb einer PV-Anlage im Rahmen einer vermögensverwaltenden GbR geplant ist, sollten Sie uns vorzeitig informieren. Es wäre zu prüfen, ob es Ausweichgestaltungen gibt oder ob Sie bereits von der Vereinfachung profitieren können, die nun gilt. Es greift eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kWp auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien). Beim Betrieb mehrerer Anlagen gilt die Befreiung für max. 100 kWp. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, deren PV-Anlagen die genannten Größen nicht überschreiten, soll nun keine gewerbliche Infizierung mehr eintreten.