Vorsorgeaufwendungen, die während einer Tätigkeit im EU-/-EWR-Ausland oder in der Schweiz entrichtet wurden, sind als Sonderausgaben in Deutschland absetzbar. Insoweit gibt es eine Begünstigung gegenüber Tätigkeiten in so genannten Drittstaaten. Für einen Abzug in Deutschland müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Eine dieser Voraussetzungen lautet, dass der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt. Die Wörter „keinerlei steuerliche Berücksichtigung“ sind an sich eindeutig, haben aber dennoch zu einigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof geführt. Der BFH hat mit mehreren Urteilen entschieden, dass Beiträge zur Pflegeversicherung aus dem EU-Ausland in Deutschland auch dann als Sonderausgaben absetzbar sind, wenn der Steuerpflichtige im Ausland zwar eine Entlastung für die Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung erhalten hat, aber eben nicht für die Pflegeversicherung. Das bedeutet: Die Wörter „keinerlei steuerliche Berücksichtigung“ sind für den jeweiligen Versicherungszweig gesondert zu prüfen.
In einem Verfahren hatte ein in Deutschland lebender Rentner geklagt, der seinerzeit in Luxemburg als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen war und seit seinem Ruhestand eine gesetzliche Altersrente aus Luxemburg bezieht, die dort besteuert wird. Nach luxemburgischem Einkommensteuerrecht sind zwar Renten- und Krankenversicherungsbeiträge absetzbar, nicht aber – anders als in Deutschland – Beiträge zur Pflegeversicherung. Den deshalb vom Kläger begehrten Sonderausgabenabzug für die Pflegeversicherung lehnte das deutsche Finanzamt ab. Der Kläger habe schließlich in Luxemburg eine steuerliche Entlastung seiner Vorsorgeaufwendungen erhalten, wenn auch nicht für Pflegeversicherung. Die hiergegen gerichtete Klage hatte aber Erfolg und der BFH bestätigt die Auffassung der Vorinstanz.
Die Voraussetzungen der Ausnahmeregel lägen vor. Soweit ein inländischer Sonderausgabenabzug auch davon abhängt, dass der (ehemalige) Beschäftigungsstaat – hier Luxemburg – keinerlei steuerliche Berücksichtigung zulässt, verbietet sich nach Ansicht des BFH eine Zusammenfassung sämtlicher gezahlter Vorsorgeaufwendungen. Vielmehr sei die jeweilige Versicherungssparte für sich zu beurteilen. Die Beiträge zur Pflegeversicherung seien folglich abzugsfähig (BFH-Urteil vom 27.10.2021, X R 11/20; im gleichen Sinne: BFH-Urteil vom 10.11.2021, X R 13/20).
In einer weiteren Entscheidung hat der BFH zudem klargestellt, dass Beiträge zu einer bestimmten Versicherungssparte, die bereits im Rahmen der Besteuerung im ausländischen Beschäftigungsstaat zum Abzug zugelassen sind, nicht nochmals in Deutschland steuermindernd berücksichtigt werden können. Ein solcher „double dip“ könne weder nach nationalem Recht noch nach Maßgabe unionsrechtlicher Grundfreiheiten eingefordert werden (BFH-Urteil vom 27.10.2021, X R 28/20).