In der Vergangenheit wurden zahlreiche Darlehensverträge angefochten, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs löst der Nutzungsersatz, der im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach dessen Widerruf gewährt wird, keine Einkommensteuer aus. Dies hat er mit einer ganzen Serie von Urteilen entschieden (z.B. BFH-Urteil vom 7.11.2023, VIII R 7/21, VIII R 16/22). Nun hat der BFH seine Rechtsprechung fortentwickelt: Zahlt eine Bank auf der Grundlage einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beilegung eines Zivilrechtsstreits eine als „Nutzungsentschädigung“ bezeichnete Summe und ist unklar, ob damit der im Vergleich vereinbarte Verzicht auf die Rechte aus dem Darlehenswiderruf abgegolten oder im Rahmen der einvernehmlichen Rückabwicklung des widerrufenen Darlehens Nutzungsersatz geleistet werden soll, führt die Zahlung beim Empfänger regelmäßig weder zu Kapitaleinkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG noch zu sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 22.5.2024, VIII R 3/22).
Eheleute schlossen im Jahr 2002 mit einer Bank einen Vertrag über die Gewährung mehrerer Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims. Im Jahr 2016 widerriefen sie den Vertrag unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht kam ein gerichtlicher Vergleich zustande. Die Eheleute waren danach berechtigt, die Darlehen ohne Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zurückzubezahlen. Die Bank verpflichtete sich, an die Eheleute einen Nutzungsersatz zu bezahlen. Es sollten damit alle Ansprüche erledigt und abgegolten sein. Die Bank zahlte die Vergleichssumme abzüglich Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer auf ein Konto der Eheleute und erteilte hierüber eine Steuerbescheinigung. Die Eheleute erklärten unter Vorlage der Steuerbescheinigung in ihrer Einkommensteuererklärung zwar Kapitalerträge, waren aber der Auffassung, dass die von der Bank gezahlte Vergleichssumme nicht zu besteuern sei. Dem stimmten das Finanzgericht und nun auch der BFH zu.
Eine Entschädigung für einen Rechtsverzicht, der im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Zivilrechtsstreits vereinbart wird, führt beim Verzichtenden regelmäßig nicht zu steuerbaren Einkünften, wenn sie nicht als Ergebnis einer Erwerbstätigkeit anzusehen ist. Im Streitfall war die Entschädigungszahlung nicht im Sinne eines leistungsbezogenen Entgelts durch das Verhalten der Kläger wirtschaftlich veranlasst. Die Kläger haben den gerichtlichen Vergleich nicht „um der Gegenleistung willen“ abgeschlossen. Die reine Rückabwicklung eines Darlehensvertrags ist nach den Maßstäben, die der BFH in den o.g. Urteilen vom 7.11.2023 dargelegt hat, keine steuerbare erwerbsgerichtete Tätigkeit. Das Rückgewährschuldverhältnis ist bei wirtschaftlicher Betrachtung ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln, aus der sich der Anspruch des widerrufenden Darlehensnehmers auf ein Nutzungsentgelt nicht als Anspruch auf ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung der bis zur Rückabwicklung erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen isolieren lässt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückabwicklung einvernehmlich, wie im Streitfall durch Vergleich, durch zivilgerichtliches Urteil oder auf andere Weise vollzogen wird. Der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs von der Bank an die Kläger geleistete Betrag führt auch nicht zu Einkünften aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG.