Kommt es im Rahmen einer Scheidung zum Versorgungsausgleich, verliert der Ausgleichsverpflichtete einen Teil seiner Rentenanwartschaften. Nach dem Sozialgesetzbuch und den Satzungen der Versorgungswerke besteht allerdings zumeist die Möglichkeit, die Rentenanwartschaften ganz oder teilweise wieder aufzufüllen (§ 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Die Wiederauffüllungszahlungen sind steuerlich jedoch nur als Sonderausgaben im Rahmen des jeweils zulässigen Höchstbetrages steuerlich abziehbar. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.8.2021 (X R 4/19) entschieden.
Der Sachverhalt: Ein angestellter Rechtsanwalt hatte Versorgungsanwartschaften aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte erworben. Bei seiner Scheidung wurde ein Teil davon im Wege der internen Teilung an seine Ehefrau übertragen. Der Anwalt nahm die Möglichkeit wahr, seine durch den Versorgungsausgleich gekürzte Rentenanwartschaft durch eine zusätzliche Zahlung in Höhe von 75.000 Euro um die Hälfte wieder aufzufüllen. Er machte diesen Betrag in voller Höhe als Werbungskosten geltend, während das Finanzamt die Zahlung – nur begrenzt – im Rahmen der Sonderausgaben berücksichtigte. Die Haltung des Finanzamts ist rechtens – so der BFH. Die Begründung ist allerdings nur schwer nachzuvollziehen: Die geleistete Wiederauffüllungszahlung an den Versorgungsträger führe ihrer Rechtsnatur nach zwar zu Werbungskosten, da sie Kürzungen der Altersrente vermeidet. Dennoch sei sie nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen, da sie zuvorderst als Beitrag zur Rentenversicherung bzw. zu einem berufsständischem Versorgungswerk zu qualifizieren sei. Folglich sei die Zahlung lediglich gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Rahmen des zulässigen Höchstbetrages abziehbar.
Praxistipp:
Im Jahre 2022 sind die Altersvorsorgebeiträge insgesamt absetzbar bis zu 25.639 Euro bei Ledigen und 51.278 Euro bei Verheirateten. Davon wirken sich 94 Prozent steuermindernd aus. Die Höchstbeträge sind allerdings schon zum Teil durch die laufenden Rentenversicherungsbeiträge ausgeschöpft, so dass sich zusätzliche (Einmal-)Zahlungen nur begrenzt auswirken. Sofern möglich und nach der jeweiligen Satzung des Versorgungsträgers zulässig, sollten Wiederauffüllungszahlungen daher gegebenenfalls auf mehrere Jahre verteilt werden.