Werden Immobilien auf die nachfolgende Generation übertragen, behalten sich die Eltern oftmals ein Wohnungsrecht oder ein Nießbrauchrecht vor. Doch manchmal ändern sich die Lebensumstände und ein solches Wohnungs- oder ein Nießbrauchrecht wird abgelöst. Erfolgt die Ablösung entgeltlich, stellt sich die Frage, ob die Kosten sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen oder ob sie nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen sind. Vorausgesetzt natürlich, die Immobilie soll weiterhin bzw. nach Auszug des Wohnungsrechtsinhabers vermietet werden.
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof die Aufwendungen für die Aufgabe des Wohnungsrechts als – sofort abziehbare – Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt (BFH-Urteil vom 20.9.2022, IX R 9/21).
Der Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 2012 das Erbbaurecht für ein Grundstück erworben. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude (Doppelhaushälfte). Das Erbbaurecht war mit einem Wohnungsrecht zugunsten der A belastet. Im Jahre 2017 verzichte A gegen Zahlung einer einmaligen „Ausgleichsentschädigung“ in Höhe von 40.000 Euro auf ihr Wohnungsrecht und verpflichtete sich, das Gebäude zu räumen. Nach einer umfassenden Renovierung wird die Doppelhaushälfte seit 2018 vom Kläger dauerhaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Das Finanzamt wertete die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnungsrechts nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte nur eine anteilige lineare AfA in Höhe von 2 Prozent. Der BFH sieht die Sache anders.
Es sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen, wenn dem Inhaber eines Wohnungsrechts ein Entgelt dafür gezahlt wird, dass dieser der Löschung seines Rechts zustimmt, er das Gebäude räumt und der Eigentümer bzw. der Erbbauberechtigte so erreicht, dass die Wohnung vermietet werden kann. Mithin seien im Urteilsfall vorab entstandene Werbungskosten in Gestalt der Ausgleichsentschädigung (40.000 Euro) sowie auch der Notarkosten für die Beurkundung des Verzichts auf das Wohnungsrecht abzuziehen.
Praxistipp:
Anders als im Urteilsfall soll die Ablösung eines Wohnungs- oder Nießbrauchrechts oftmals unentgeltlich erfolgen. Dann kann allerdings eine hohe Schenkungsteuer ausgelöst werden. Bitte informieren Sie uns daher frühzeitig, wenn bei Ihnen die Ablösung eines entsprechenden Rechts geplant ist.